Eine interessante Einschätzung von Gilles Kepel, Islamwissenschaftler, die man so noch nicht gehört oder gelesen hat (vgl.:
http://www.tagesspiegel.de/politik/frankreich-die-islamisten-wollen-einen-buergerkrieg-herbeifuehren/12712286.html):
"Im November gab es fast niemanden, der sich mit den Attentätern solidarisierte – wenn man einmal einmal von einigen extremistischen Zirkeln absieht. Das liegt daran, dass die Attentäter vor dem
Stade de France sowie im zehnten und elften Pariser Arrondissement wahllos auf die gesamte französische Gesellschaft zielten. Die Dschihadisten argumentierten, dass die sich die Attentate gegen
die „Unzucht“ gerichtet hätten. Die Jugendlichen in den betroffenen Pariser Arrondissements, die zum Teil aus
Einwandererfamilien stammt, konnten sich damit kaum identifizieren.
Der Terrorismus verfolgt immer zwei Ziele: den Gegner zu terrorisieren und neue Anhänger zu gewinnen. Selbst wenn die Anschläge vom 13. November aus der Sicht des „Islamischen Staates“ wegen der
hohen Opferzahlen einen taktischen Erfolg darstellten, sind sie nach meiner Auffassung ein strategischer Fehlschlag. Denn es zeigen sich die Grenzen eines „Dschihadismus von unten“, bei dem aus
Europa stammende Terroristen zum Einsatz kommen. Es ist noch zu früh, um die Folgen der Anschläge vom 13. November zu überblicken. Man kann weitere Anschläge nicht ausschließen.
Aber man sollte nicht übersehen, dass selbst die in französischen Gefängnissen inhaftierten Sympathisanten des
„Islamischen Staates“ sich von den Anschlägen distanzierten. Die Anschläge verlieren ihre Wirkung, wenn es den Attentätern nicht gelingt, die Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen.
Ähnliches haben wir auch schon in der Vergangenheit erlebt: Bin Laden war zunächst für den 11. September verantwortlich, dann für die Anschläge von Madrid und London. Unter radikalen Muslimen
nahm dabei die Mobilisierung nach jedem dieser Anschläge ab."
Zu dieser Frage eine gute Zusammenfassung von der Webseite der
Tagesschau
Die Ideologen des IS propagieren eine endzeitliche Schlacht zwischen Christen und Moslems in der nordsyrischen Stadt Dabiq (vgl. weiter unten meinen Beitrag).. Dabiq ist auch der Name der Webseite des IS, auf der der IS seine Propaganda veröffentlicht.
Dort steht zu lesen, dass Anschläge in Europa dazu dienen, eine antiislamische Stimmung zu erzeugen, damit der europäische Islam - also Menschen, die sich ebenfalls den pluralistischen Lebensstil des Westens leben - zu einer Entscheidung gezwungen wird:
entweder weiter zu Verwestlichen (und damit abtrünnig zu werden: "Apostaten" - die werden vom IS gekreuzigt) oder sich dem IS anzuschließen:
"Der IS will nun die »Grauzone« in Europa beseitigen, die es muslimischen »Heuchlern« erlaubt, zu leben wie andere Menschen auch. »Die Muslime im Westen werden sich schnell vor die Wahl gestellt sehen, ob sie Apostaten werden (…) oder die Hijra (Auswanderung) in den Islamischen Staat vollziehen«, so Dabiq; der Artikel endet mit einer Beschwörung der als bald bevorstehend imaginierten Apokalypse."
Daraus folgt, dass die Rechten das Spiel des IS betreiben. Und damit meine ich sowohl die armen AfD und Pegida Demonstranten wie die Le Pens in Frankreich und die Seehofer in Bayern.
Sonja Zekri hat einen - wie ich finde - phantastischen Kommentar zu den Dschihadisten geschrieben.
Darin:
"Es geht bei terroristischen Anschlägen wie jenen in Paris nicht um Werte. Weder um
unsere Werte noch um jene der Terroristen, es sei denn, man möchte sich moralisch mit
Kriminellen auf Augenhöhe begeben. Wie Anfang des Jahres beim Anschlag auf Charlie
Hebdo waren auch die Täter am Freitag wieder polizeibekannte Kriminelle,
marginalisierte Gestalten, die plötzlich in einem leicht rezipierbaren, vermeintlich
gottgefälligen großen Ganzen Sinn und Lebenszweck finden, das Saufen und Feiern
aufgeben und sich an der Menschheit für ihre gescheiterte Existenz rächen."
Der gesamte Kommentar ist hier zu lesen:
20. Nov.